I
Der kleine Esstisch meiner Studentenwohnung
viele Stühle
Süßes und Salziges
Spiele
die Freundinnen in der Runde
Worüber lachen wir den ganzen Abend?
Es bedarf kaum eines Grunds
Alltägliches Vertrautheit freundlicher Spott
Sich loszulassen ist leicht
Sorgen lösen sich
in Lachen und Geborgenheit
II
Wir drei
am Küchentisch
im Schwürbitzer Pfarrhaus
Jeder erzählt seinen Tag
Gemeinde Geschäft Schule
unzensiert
Wir lachen viel
Anekdoten Erlebtes
Deftige Muttersprache
spitzt zu
Kreative Funken
malen aus
Losgelöste Heiterkeit
Wir drei
ganz unter uns
Christine Ruppert © 2020
Herbarium
Gedicht aus der Reihe „Erinnerung“
I
Herbsterinnerungen
haltbar
wie gepresste Blätter
zwischen den Seiten
meiner Jahre
II
Raschelnd und duftend
der große Blätterhaufen
meiner Kindheit
Gefüllt die Hände
mit buntem Laub
und glänzenden Kastanien
Die Freude
des Suchens und Findens
Fallende Blätter
an einem windstillen Tag
Christine Ruppert © 2019
Damals im Sommer
Nackte Füße in Sandalen
Freiheit Träume
Wolkenbilder
Eiscreme und Comics im hohen Gras
Indianerzelt und Waldesrauschen
Abends lange auf
Schulfrei
bis zum Horizont
Christine Ruppert © 2020
Durch die Zeiten
Aus der Erinnerung
steigt zartes Funkeln
Lachen und Wärme
leuchten durch die Zeiten
Ich höre
Klaviertöne Flötenklang
es ist für uns eine Zeit angekommen
Ich sehe
Kerzenschein in der
Krippe
im dunklen Hausflur
den verheißungsvollen
Lamettafaden an der
verschlossenen Wohnzimmertür
Und leise leise
trete ich ein
wärme mein Herz
am Weihnachtswunder
meiner Kindheit
Christine Ruppert © 2018
Tauferinnerung
Aus der Tiefe der Jahre
steigen Bilder mir ins Herz
Vom Anfang des Lebens
hallt Dein Wort
– Fürchte
dich nicht fürchtedichNICHT
Wasser fließt mir
zärtlich
über mein Gesicht
Ich bin wieder klein
eine Lebensknospe
wunderbar gemacht
bei meinem Namen gerufen
Glockengeläut
in Liebe gehüllt
getragen
Dein Wort
klingt ins Heute
– So fürchte dich nun nicht
denn ich bin bei dir
Christine Ruppert © 2019
Zurückfinden
In
den späteren Jahren
ist der Schnee eine Last
bedrohliche Unbill
Stolperstein
im reibungslosen Ablauf der Dinge
Man sehnt den Frühling herbei
schaudert ob der Kälte
und verwünscht die frühe Dunkelheit
Doch eines Morgens
verzaubert Sonnenlicht
die frisch verschneite Landschaft
und du entdeckst
Schönheit
Auf leisen Sohlen
nähert sich Freude
über die
Abweichung vom Alltäglichen
die lautlose Eleganz
der tanzenden Flocken
die Verwandlung
Und wenn du
für einen Augenblick
zurückfinden kannst
zur Winterfreude des Kindes
dann baust du
wenn keiner hinsieht
einen Schneemann
und dein Herz lächelt
Christine Ruppert © 2013
Verkleidungen
Ich erinnere mich
an kindliche
Verwandlungsspiele
Wenn ich nur wollte
war ich
ein braves Schulmädchen
angetan
mit Kleid weißer Schürze und Zöpfen
Die Hausaufgaben
wurden mir zum Spiel
Den großen Garten
durchstreifte ich
auf der Suche nach Abenteuern
als Winnetou
und Robin Hood
mit Pfeil und Bogen
Mühelos glückte mir
das Eintauchen
in die Welten meiner Fantasie
und die Spiele
waren mir Wirklichkeit
Heute sehne ich mich
nach der kindlichen Gabe
mit Leichtigkeit
eine Andere zu sein
Christine Ruppert © 2016