Noch blüht mir der Oleander
voller Leben
Noch leuchten
wie von Zauberhand
die Blüten der Prachtwinde
zwischen den Blättern des Ginkgo
Noch lachen mir
Sonnenblumen
Noch streift mich
bei jedem Atemzug
zärtlich Dein Geisthauch
Noch lebe ich
Dein Licht auf meiner Haut
ganz warm
Christine Ruppert © 2024
April 23
Die Bäume wagen es wieder
…
grüne Blätter in Fülle
Bei strahlender Sonne
und kaltem Wind
sitzen meine
ausgewilderten Ängste
zwischen Gänseblümchen
und spielenden Hunden
Frühlingsgefühle
hellkaltgraumildgrünnass
wechselhaft
Christine Ruppert © 2023
Januar 24
Windstill
froststarr
Die Bäume
stehen
und schweigen
Unüberhörbar
noch im Park
der aufgeregte
Lärm der Stadt
Keine Zeit
für
leise Töne
Christine Ruppert © 2024
Sturm von innen betrachtet
Malvenblätter wehen im Wind
wie umgestülpte Regenschirme
letzte Dahlien beugen sich
gefährlich weit über die Brüstung
Grünes und Verblühtes
wirbelt der Wind durcheinander
fängt sich im losgerissenen Sonnensegel
Der ganze Balkon
scheint im Aufbruch begriffen
eilig den letzten Zug zu erreichen
Richtung Süden
bevor der Winter kommt
Christine Ruppert © 2023
Warten aufs Gewitter
Auf der kahlen Birkenspitze
sitzen Tauben
drei
halten Ausschau
nach den grauen Wolken
beklagen müde
die Wetterprognosen
spüren schon
den aufkommenden
Wind
im Gefieder
Christine Ruppert © 2023
Samenkorn sein
Samenkorn sein
In der dunklen Erde
die Wärme der Sonne
und die Feuchte des Regens spüren
Aufbrechen
Winzige grüne Blätter
ins Freie schieben
Der lebendigen Kraft trauen
die mich Blüte und Baum sein lässt
die mich verwandelt
über alle Hoffnung hinaus
Christine Ruppert © 2023
Der Sommer kommt wieder
In meinen Zweifel
flüstert leise die Gewissheit
Der Sommer
kommt wieder
Er wartet
verborgen
auf der anderen Seite
des Jahres
Was nun grau ist
wird grün werden
Was nun kahl ist
wird blühen
Was jetzt karg scheint
wird überströmen von Fülle
Die Kraft
schläft nur
Christine Ruppert © 2023
Sommer im Garten 22
Ich kam um zu träumen
die Quelle zu finden
den Segen der Grünkraft
Doch ich fand
eine große Dürre
dürstende Bäume
die vertrocknete Wiese
braun und blütenlos
Ich fand den Fluss
nah am Versiegen
ein Rinnsal zwischen Steinen
die letzten Fische
in trostloser Qual
Und mein Herz brannte
weil ich begriff
es sind meine Wälder
die in Flammen stehen
mein Feld verdorrt
mein Land versinkt
meine Arten sterben
Meine Welt
mein eigener Garten
bedarf der Rettung
Jetzt
Christine Ruppert © 2022
Junitag
Auf der Wiese liegen
den Blick nach oben
in einen Himmel
voll Blau
Zärtlich beschattet
von Buchenästen
Gehalten
vom Mutterleib Erde
Gewiegt
in Sommerwärme
und Vogelgesang
Leises Rauschen
Der Geruch
nach warmem Gras
Unbemerkt
erreicht das Jahr
den Scheitelpunkt
Alles ist grün
und gut
Christine Ruppert © 2015
Nachtlichter
Die Häuser
leuchten von innen
aus Fenstern
wie Transparentpapier
Schneeränder
reflektieren weiß
das Licht der Gaslaternen
Oben
schimmert
unbemerkt
der Mond
Christine Ruppert © 2021