Baum und Haus

Neben meinem Freund dem Baum
wächst ein Haus
aus dem Boden
Mauern aus Stein
jeden Tag
ein Stück höher
jeden Tag
ein Stück weniger Himmel sichtbar
Fremd und stumm
blicken Fensterhöhlen
Das Rauschen der Blätter
bleibt
ohne Antwort

Christine Ruppert © 2021

Neuerscheinung

Mein Freund, der Baum. Mit Bäumen durch das Jahr. Hg.v. Kathring Clausing und Ulrich Sander. Verlag am Eschbach, 2021. ISBN 978-3-86917-803-5

Liebe Leser*innen!
Ich möchte auf eine Neuerscheinung aufmerksam machen.
Mein Gedicht „Vom Glück des Draußenseins“ wurde in der neuen Anthologie „Mein Freund, der Baum“ des Verlags am Eschbach veröffentlicht. Es ist ein sehr ansprechend gestaltetes Jahreslesebuch mit mit einer schönen Textauswahl zum Thema Bäume geworden. Es enthält für jeden Tag des Jahres ein Gedicht oder einen Textimpuls. Dabei ist jeder Monat einer besonderen Baumart gewidmet. Ich freue mich, dass ich ein Gedicht dazu beitragen konnte!

Metapher

eine metapher finden
für den schmerz
das unerträglich nahe
umwandeln
in ein bild
außerhalb

sagen
er sei laut
wie baulärm
eng
wie ein schraubstock
eine naturgewalt
die mir die kontrolle
aus den händen reißt

hoffen
dass der wortzauber
wirkt

vergeblich
zuweilen

Christine Ruppert © 2020

Zum Niederknien mutig

Gedicht aus der Reihe: Schwestern

Zum Niederknien
schön
zum Niederknien
mutig
die Frauen mit den bunten Kopftüchern
auf der Straße in Kabul

Sie sind sichtbar
sie sind laut
sie bringen ihr Leben
in Gefahr

Sie kämpfen für Rechte
die mir ohne Mühe zufielen

Ich erbitte für sie
das Wunder der Bewahrung

Christine Ruppert © 2021


Gehalten vom Licht – Lesung in der Stadtakademie

Einen Abend mit Poesie und Musik erlebten die Teilnehmer*innen meiner Lesung am 1. September 2021 in der evangelischen Stadtakademie in Düsseldorf. Für mich war es ein ganz besonderer Abend – die erste Präsenzveranstaltung seit langer, langer Zeit. Es war einfach eine große Freude – unter Einhaltung aller gebotenen Vorsichtsmaßnahmen – meine Texte den anwesenden Menschen zu Gehör zu bringen und mit ihnen darüber zu sprechen und sich auszutauschen.

Die Gedichte, die ich für diesen Abend ausgewählt hatte, erzählten von Glücksmomenten im Alltag, von Verbundenheit trotz Distanzgebot, den eigenen Ressourcen und der tragenden Kraft des Glaubens.
Im klangvollen Wechsel zu meiner Lyrik ertönten die meditativen Musikstücke der Gitarristin Anja Blauth.

 Im zweiten Teil des Abends konnten die Teilnehmer*innen selbst mit dem Stift in der Hand kreativ werden. So entstanden eine Reihe von Elfchen – Kurzgedichte bestehend aus elf Wörtern, die gut geeignet sind kostbare Momente und Begebenheiten schriftlich festzuhalten und auf den Punkt zu bringen.
Ich danke allen herzlich die dabei waren und sich aufs Zuhören, Reden und Schreiben eingelassen haben!

Unbeirrbar

Unbeirrbar
suchen sich
die Bohnenranken
ihren Weg

winden sich
um Schnüre  Äste
Sonnenblumen

strecken
ihre grünen Fühler
wolkenwärts

Unaufhaltsam
bricht sich
Grünkraft
Bahn

Christine Ruppert © 2021

Grünkraft

Liebe Leser*innen!
Nach einer kleinen Sommerpause melde ich mich heute mit zwei Gedichten zum Thema GRÜNKRAFT zurück. Ich wünsche euch allen einen wunderbaren Sommer!

Grünes Zimmer

Mein grünes Zimmer
empfängt mich
mit Wuchern und Blühen

Zärtlich
streicht mir die Wange
Oleander
umarmt mich Bohnengerank
streckt mir Dahlie
ihr leuchtendes Blütengesicht entgegen
Fröhlich
lacht mir Petunie
winkt mir Sonnenblume aus dem Hintergrund

Mein grünes Herz
blüht über und über

Christine Ruppert © 2021

Ein Tanz von Grün

Kiefer bietet Heckenrose
den Arm
umringt von Ahorn und Jasmin
im Reigen
Efeu umschlingt Tuja
Erdbeerblatt und Johanniskraut
wiegen sich wildbewegt
zum Gesang des Windes

Christine Ruppert © 2021